Abstimmung vom 22. September 2024: BVG-Reform (Reform der beruflichen Vorsorge)

Eine Vorlage, der man nicht zustimmen sollte.

Die Pensionskassen sind finanziell unter Druck, weil die Leute immer älter werden und deshalb länger Renten beziehen. Heisst es. Damit wird Stimmung gemacht, das Finanzierungsproblem liege bei den RentenbezügerInnen selbst. Wir leben zu lange, sozusagen.

Ich sehe das anders: Die Pensionskassen haben ein Problem mit den Renditen am Finanzmarkt. So lesen wir vierteljährlich in den Medien, dass die Pensionskassen entweder von starken Renditen profitieren oder wegen starken Renditeeinbussen einen «Dämpfer» erlitten hätten.

Die Finanzmärkte werden auch in Zukunft volatil sein und die Kassen müssen ihre Finanzen stabil halten. Dazu sind sie gesetzlich verpflichtet. Anstatt das wahre Problem anzugehen, mutet man den RentenbezügerInnen zu, dass ihre eigenen Beiträge alle paar Jahre zu tieferen Umwandlungssätzen ausbezahlt werden. Die Gestaltung der zweiten Säule war m.E. bei ihrer Entstehung ein patriarchaler Ego-Trip der Gutverdienenden, während der Zeit einer Finanzmarkteuphorie, als man sich besonders schlau fand, die Vorsorgegelder der Finanzspekulation anzuvertrauen. Vielleicht wäre jetzt der Zeitpunkt, sich auf die bedeutend sozialere AHV zu konzentrieren und diese auszubauen.[1]

Mit der geplanten BVG-Reform wird die Situation von TieflöhnerInnen nicht angemessen berücksichtigt. Zwar sollen die Koordinationsbeiträge gesenkt werden, wodurch ArbeitnehmerInnen mit tiefen Löhnen und/oder mehreren kleinen Pensen, endlich Zugang zur zweiten Säule erhielten. Nur sinken dann auch ihre Nettoeinkommen, weil sie neu Pensionskassenbeiträge leisten müssten. Wenn man weiss, wie tief solche Löhne sind, ist das nicht akzeptabel.

Zum Dritten ist die unbezahlte Sorge- und Versorgungsarbeit, in der grossen Mehrheit von Frauen geleistet, nicht berücksichtigt. Die Reform wäre eine Gelegenheit gewesen Erziehungs- und Betreuungsgutschriften einzuführen. Das hätte die Diskrepanz von ungleichen Renten der Pensionskassen, nämlich im Median 1217 Franken für Frauen und 2077 Franken für Männer pro Monat, abschwächen können.[2]

Ich stimme NEIN, weil die Reform, die Finanzierungsprobleme der Pensionskassen auf den Rücken der RentenbezügerInnen lösen will und weil keine innovativen Neuerungen inbegriffen sind.

Lydia Elmer, Vorstand Linksbündig


[1] Eine alte Idee der Juso: https://juso.ch/de/aktuelles/blog/ahv-starken-pensionskassen-abschaffen/

[2] https://www.nzz.ch/finanzen/pensionskassen-immer-mehr-versicherte-entscheiden-sich-fuer-kapital-statt-rente-ld.1836597

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