Eine trügerische Sensation: Der Laborursprung des Coronavirus ist keine Verschwörungstheorie mehr

Eine Recherche deutscher Mainstream-Medien zeigt, dass der deutsche Bundesnachrichtendienst schon 2020 von einem Laborursprung des Coronavirus ausging. Für die Militarisierung der Gesundheit und größere Zusammenhänge interessiert sich der Bericht allerdings nicht. Ein Armutszeugnis.

Ein Gastbeitrag von Lena Böllinger

Eine grosse Recherche von Zeit und Süddeutscher Zeitung enthüllte kürzlich, dass der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) seit 2020 davon überzeugt sei, dass das Coronavirus „wahrscheinlich“ aus einem chinesischen Labor stamme. Der deutsche Geheimdienst „ist sich zu ‚80 bis 95 Prozent‘ sicher“. Diese Erkenntnis „liegt seit mittlerweile fünf Jahren unter Verschluss, tiefrot als ‚Geheim‘ gestempelt.“ Was wie eine Sensation daherkommt, ist bei näherer Betrachtung keine. Denn bereits zu Beginn der Coronakrise hatte es unter führenden (westlichen) Wissenschaftlern grosse Aufregung gegeben. Einige hielten einen Laborursprung für durchaus realistisch, manch einer ging hinter den Kulissen gar von einer 80-prozentigen Wahrscheinlichkeit aus.

Doch schon bald nahm die Debatte eine abrupte Wendung. Am 1. Februar 2020 fand eine vertrauliche Telefonkonferenz statt. Zu der kleinen Runde aus etwas mehr als zehn Experten gehörten auch US-Regierungsberater Anthony Fauci und der deutsche Virologe Christian Drosten. Nur wenige Tage später entwarfen einige der Teilnehmer, die zuvor noch einen Laborursprung für äusserst plausibel hielten, einen Text, der im März 2020 in „Nature Medicine“ erschien. Darin heisst es: „Unsere Analysen zeigen eindeutig, dass es sich bei SARS-CoV-2 nicht um ein Laborkonstrukt oder ein absichtlich manipuliertes Virus handelt.“ Im Wissenschaftsmagazin „The Lancet“ war kurz zuvor ein Brief veröffentlicht worden. Dort ist zu lesen: „Wir stehen zusammen, um Verschwörungstheorien, die darauf hindeuten, dass Covid-19 keinen natürlichen Ursprung hat, entschieden zu verurteilen.“ Den Brief unterschrieben 27 Forscher, auch Christian Drosten.

Treibende Kraft hinter diesem Text und Mitunterzeichner war Peter Daszak, Direktor der „EcoHealth Alliance“. Später kam heraus: seine Organisation erhielt US-Forschungsgelder, unter anderem vom Pentagon, mit denen am Wuhan Institute of Virology gefährliche Virenexperimente durchgeführt wurden. Auch von der EU bekam das Institut Fördermittel und Deutschland finanzierte einen deutsch-chinesischen transregionalen Sonderforschungsbereich, an dem auch das Wuhaner Institut beteiligt war. In einem Gastbeitrag in der New York Times schrieb Daszak Ende Februar 2020: „Pandemien sind wie Terroranschläge“ und sie müssten „auf dieselbe Weise gehandhabt werden“.

Passend zur Gleichsetzung von Pandemien und Terroranschlägen verkündete der französische Staatspräsident Emanuel Macron im März 2020: „Wir sind im Krieg, wir kämpfen nicht gegen eine Armee, nicht gegen eine andere Nation, aber wir sind im Krieg.“ Der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn hatte bereits vor der Invasion der Viren eine neue Abteilung für „Gesundheitssicherheit“ geplant und Anfang 2020 eingeführt. Geleitet wurde diese Abteilung von Bundeswehrgeneral Hans-Ulrich Holtherm, der sich auch bei der NATO zuvor schon in diesem Bereich verdient gemacht hatte. Holtherm leitete den Corona-Krisenstab und beriet Spahn.[1]

Wie jeder Krieg ermöglichte auch dieser eine rücksichtslose Drangsalierung der Bevölkerung: Lockdowns, Berufsverbote, Versammlungsverbote, Kontaktverbote, Impfpflicht etc. Wie in jedem Krieg gelten die damit einhergehenden „Kollateralschäden“ als bedauerlich, aber leider unvermeidlich angesichts des „höheren Ziels“, den Feind endgültig zu bezwingen oder seine Angriffsmöglichkeiten zumindest zu reduzieren. Bereits Jahre zuvor waren Pandemien geprobt worden, mehrheitlich simulierte man Biowaffenangriffe, zuletzt aber auch eine Pandemie ohne terroristischen Hintergrund.[2] Die internationalen Biosecurity-Planspiele trugen Namen wie „Dark Winter“ (2001), „Atlantic Storm“ (2005), „Clade X“ (2018) oder „Event 201“ (2019). Eingeladen zu diesen Veranstaltungen waren Politiker, Militärs, Wissenschaftler, Journalisten und Konzernvertreter, unter anderem aus der Pharma- beziehungsweise Impfindustrie.[3]

Die verstörende Verquickung von Gesundheit und Militär gleich zu Beginn der Coronakrise war höchst merkwürdig. Das hätte vor allem auch Linken auffallen müssen. Doch die glaubten lieber an einen „natürlichen“ Ursprung, denn die dazugehörende Erzählung war – und ist – entlastend: Eine ungute Mischung aus Kapitalismus, Klimawandel, fragwürdiger Tierhaltung und abgeholzten Regenwäldern soll Schuld sein an der Entstehung von Zoonosen. Das eröffnet pseudo-politische Handlungsspielräume: Keine Flugreisen mehr, vegane Ernährung, Energiesparen. Bereits lange vor der Coronakrise hatten Linke Gesellschaftsanalyse und Herrschaftskritik mit moralischer Selbstoptimierung verwechselt. Hauptsache, man tut etwas (Gutes). Auch der „Kampf gegen rechts“  geriet spätestens in der Coronakrise vollends zur antifaschistischen Farce. Er legitimierte den Krieg gegen die eigene Bevölkerung und die hemmungslose Diffamierung derjenigen, die es wagten, auszuscheren.

Dass nun ausgerechnet eine Recherche zweier linksliberaler Medien zu frühzeitigen Erkenntnissen eines deutschen Geheimdienstes eine „rechte Verschwörungstheorie“ salonfähig macht, passt ins Bild. Denn über Indizien, Erkenntnisse und Warnungen hochrangiger Wissenschaftler hätte man bereits vor Jahren sachlich berichten können. Auch die Einschätzungen anderer Geheimdienste lagen bereits vor der BND-Enthüllung vor. Roland Wiesendanger, Physikprofessor und einer der frühsten Vertreter der Laborthese, hatte erst Anfang März auf Aussagen eines Kabinettsmitglieds im britischen Untersuchungsausschuss hingewiesen. Demnach sollen auch in Grossbritannien „geheimdienstliche Informationen“ zum Laborursprung vorgelegen haben, was erklären würde, warum man „von politischer Seite eben so streng reagieren musste“.

Investigative Journalisten des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks und grosser, finanzstarker Zeitungen hätten das opake Netzwerk aus staatlichen, militärischen, wissenschaftlichen und privatwirtschaftlichen Strukturen längst durchkämmen und die merkwürdigen Verbindungen vermeintlich wohlmeinender Organisationen wie der erwähnten EcoHealth Alliance aufdecken können. Stattdessen gelingt den Journalisten der Süddeutschen Zeitung und der Zeit noch im Jahr 2025 das Kunststück, eine Enthüllungsgeschichte über Geheimdienste und Laborviren zu veröffentlichen, ohne diese transnationalen Verflechtungen, ihre Geschichte, Absichten und Finanzierung zu entlarven. Am Ende ihrer Recherche schreiben sie: „Die BND-Operation hat, Stand Anfang 2025, neue Belege dafür zutage gefördert, dass die Chinesen über Grenzen gehen.“ Wie heisst es immer so schön: Die nächste Pandemie kommt bestimmt. Dieses Mal vielleicht sogar von Anfang an aus dem Labor.

Weiterführende Literatur:

https://www.infosperber.ch/wissenschaft/labor-in-wuhan-westliche-forscher-und-laender-sind-verstrickt/

[1]Schreyer, Paul (2020): Chronik einer angekündigten Krise. Wie ein Virus die Welt verändern konnte, Westend, S. 35

[2]Ebd. S. 95

[3]Ebd. S. 73f., S.96f.

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